Wie schon in den Jahren zuvor gibt es auch dieses Jahr in der Büchergruppe „Die Bookaholics Deutschland“ auf Facebook eine Listenaktion, in der man seine Top 10 Bücher zu einem bestimmten Thema vorstellen kann. Dieses Jahr ist das Thema: Schriftstellerinnen. Dabei geht es nicht um die besten Autorinnen aller Zeiten, sondern um die persönlichen Vorlieben. Und dies ist meine Liste. Sie ist vom heutigem Stand (08.03.2018) und könnte in ein paar Wochen oder Monaten schon wieder ganz anders aussehen.
Nur zehn Autorinnen zu nennen, schien mir fast unmöglich. Hin und her habe ich schon im Vorfeld überlegt, wen ich favorisieren und wen ich weglassen soll. Darum habe ich mich dafür entschieden, die Schriftstellerinnen rauszunehmen, die zwar eigentlich einen festen Platz sicher hatten, aber schon in meiner Liste vom letzten Jahr erwähnt wurden, wie z.B. Jutta Maria Herrmann und Ellen Dunne. Die hier genannten sind aber keineswegs nur ein Ersatz, denn alle waren in der engsten Auswahl. Auch ein paar andere tolle Autorinnen gehören eigentlich auf die Liste, wie Mechtild Borrmann, Joanne K. Rowling, u.v.a. Aber gut, ich muss mich auf zehn beschränken und los gehts:
Die Reihenfolge der Schriftstellerinnen unterliegt keinerlei Wertung.
1. Eine meiner Lieblingsautorinnen hat die Heldinnen meiner Kindheit erschaffen. Die eine war witzig, rotzfrech, immer gut gelaunt, bärenstark und hatte vor nichts und niemanden Angst. Zuerst habe ich die Bücher mit Pippilotta Viktualia Rollgardina *lufthol* Pfefferminz Efraimstochter Langstrumpf von Astrid Lindgren gelesen. Die andere, meine Favoritin, war zwar ein ganz anderer Charakter, aber nicht weniger liebenswert und tapfer, schließlich lehnt sie sich sogar gegen ihren Vater – immerhin ein Räuberhauptmann – auf, um ihrem Freund beizustehen. Und im Gegensatz zu Pipi ohne „Superkräfte“. Und darum ist es auch Ronja Räubertochter, die bei mir den größeren Eindruck hinterlassen hat. Auch wenn die Geschichten so gar nichts miteinander zu tun haben, haben sie doch zumindest zwei Dinge gemeinsam. 1. Freundschaft ist wertvoll und erfordert auch Loyalität. 2. Auch Mädchen können große Probleme meistern und alles erreichen. Nicht gerade die schlechteste Botschaft, die eine Kinder-/ Jugendbuchautorin vermitteln kann. Und zumindest Ronja werde ich mir nochmal als Film anschauen und wahrscheinlich auch lesen – das habe ich mir beim schreiben dieser Zeilen fest vorgenommen.
2. Und weil ich mit Jugendbüchern angefangen habe, mache ich damit auch gleich weiter, denn es gibt noch ein paar Helden*innen, die mir sehr viele spannende Lesestunden beschert haben. Und auch die dürften jedem bekannt sein. Die 5 Freunde-Bücher von Enid Blyton habe ich regelrecht verschlungen. Mit George konnte ich mich so richtig identifizieren, denn als Kind wäre ich auch gerne ein Junge gewesen (Gott sei Dank wurden meine Wünsche nicht erhört ;-) ). Die Bücher sind eigentlich alle durchweg spannend, mein Liebling war aber immer der erste Teil, „Fünf Freunde erforschen die Schatzinsel“. Im Gegensatz zu den Lindgren-Verfilmungen konnte ich mit denen der 5 Freunde nicht soviel anfangen. Erst die vor wenigen Jahren erschienen Filme haben mit wirklich gefallen – zumindest die ersten beiden. Und auch wenn die Bücher mittlerweile über 60 Jahre alt sind, sie sind einfach nur zeitlos gut.
3. Als Jugendliche habe ich dann zum ersten mal einen Roman gelesen, der mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet wurde – wenn auch schon sehr viele Jahre vorher. „Wer die Nachtigall stört“ (im Original ist es eine Spottdrossel) von Harper Lee ist ein Klassiker der amerikanischen Literatur und erzählt ein Justizdrama aus Sicht eines Mädchens in den Südstaaten der 30er Jahre. „Scout“, so ihr Spitzname, ist die Tochter eines Anwalts, der einen Farbigen verteidigt, der eine weiße Frau vergewaltigt haben soll. In der damaligen Zeit, vor allem in den Südstaaten, ein absolutes no-go. Und das Buch ist ein absolutes must-read.
4. An dieser Stelle stand bei meinem ersten Entwurf dieser Liste „Die weiße Rose“ von Inge Scholl. Weil dieses Buch aber auch schon in meiner Liste vom letzten Jahr genannt wurde, habe ich mich schweren Herzens dagegen entschieden. Folgendes Buch, das ich ebenfalls als Jugendliche gelesen habe, ist keineswegs Ersatz, sondern war ursprünglich als nächstes eingeplant. Gleiche Zeit, ähnlich trauriges Schicksal und ein ebenso wichtiges Mahnmal gegen Rassismus, Intoleranz und Willkür. Das Tagebuch der Anne Frank. Dieses Tagebuch hat Anne, die nur wenige Wochen vor Kriegsende im KZ Bergen-Belsen gestorben ist, zwischen 1942 und 1944 geführt, während sie sich mit ihrer Familie und anderen vor den Nazis versteckt hielt. Anne Frank fragte sich selbst:
„Werde ich jemals Journalistin und Schriftstellerin werden? Ich hoffe es, ich hoffe es so sehr! Mit Schreiben kann ich alles ausdrücken, meine Gedanken, meine Ideale und meine Phantasien.“
Ich glaube, sie wäre eine sehr gute Schriftstellerin und vielleicht noch bessere Journalisten geworden. Sollte das Buch jemand wirklich noch nicht kennen, bitte lesen.
5. Zwei Klassiker habe ich erst letztes, bzw. dieses Jahr kennengelernt. Beides sind Dystopien von der Kanadierin Margaret Atwood. Zuerst habe ich den Roman „Oryx und Crake“, den Auftakt der MaddAddam-Trilogie, gelesen. Das Buch hat mir sehr gut gefallen, hätte es aber wahrscheinlich nicht auf diese Liste geschafft. Jetzt gerade, wo ich diese Liste erstelle, habe ich „Der Report der Magd“ beendet. Der Roman wurde mit dem Arthur C. Clarke Award ausgezeichnet und wurde als Spielfilm und Serie verfilmt. Ich lese sehr gerne Dystopien, aber diese ist herausragend. Atwoods Schreibe würde ich als einmalig bezeichnen. Wortgewandt und poetisch versteht sie es, dem Leser eine erschreckende Zukunftsvision ruhig und gleichzeitig beängstigend näher zu bringen. Diese Frau kann unglaublich gut schreiben!
6. Jetzt wird es mit einer weiteren Dystopie etwas trivialer. Aber die Geschichte über eine junge Frau, die in einer ungerechten Welt ein einfaches Leben führt und ungewollt zu einer Heldin avanciert, hat mich in Buch und Film restlos begeistert. Die Rede ist von Katniss, der Hauptfigur aus der Trilogie Die Tribute von Panem von Suzanne Collins. Die drei Bücher „Tödliche Spiele“, „Gefährliche Liebe“ und „Flammender Zorn“ sind eigentlich Jugendbücher, aber durchaus auch für erwachsene Leser geeignet – eher würde ich eine Warnung für zu junge Leser*innen aussprechen). Spannung, Dramatik und ein flotter Erzählstil heben die Dystopie weit aus dem Einheitsbrei heraus. Und Collins verzichtet zum Glück weitestgehend auf die genreübliche Lovestory.
7. Auf einen Klassiker der Fantasyliteratur wurde ich erst letztes Jahr aufmerksam. In den Jahren 95 – 97 erschien die 1. Weitseher-Trilogie von Robin Hobb. Es folgten zwei weitere Zyklen und auch Neuauflagen unter anderen Titeln. Letztes Jahr hat der Penhaligon-Verlag den ersten Zyklus neu übersetzt nochmals frisch aufgelegt. Die drei zusammengehörenden Bücher heißen „Die Gabe der Könige“, „Der Bruder des Wolfs“ und „Der Erbe der Schatten“. Hobb ist eine große Geschichtenerzählerin und hat einen wunderbaren Stil, der mal langsam und ruhig daherkommt, aber auch immer wieder Fahrt aufnimmt und ordentlich spannend wird. Wer die Bücher lesen mag, und das kann ich nur empfehlen, muss beim ersten Band etwas Geduld haben, denn die Autorin nimmt sich Zeit, die Figuren, und die Welt in der sie leben, einzuführen. Aber es lohnt sich. Selbst als echtes Fangirl von „Ein Lied von Eis und Feuer“ muss ich sagen, dass Hobbs Geschichten besser, wenn auch ganz anders, erzählt sind als die von Martin.
8. Eines meiner absoluten Highlights des letzten Jahres hat mich auf eine einsame, eisige und unwirtschaftliche Insel befördert, wo eine junge Frau und ihr Partner einen erbarmungslosen Überlebenskampf führen mussten. „Herz auf Eis“, so der etwas unglückliche Titel, von Isabelle Autissier ist eigentlich ein 2in1-Buch. Auch wenn der deutsche Titel (im Original „Soudains, seuls“) eine Liebesgeschichte suggeriert, ist dem nicht so. Die erste Hälfte des Buches ist wirklich ein reiner Kampf ums nackte Überleben und der zweite Teil geht in Richtung Psychodrama. Mein Rezensionsfazit war: „Herz auf Eis“ ist eindeutig kein Buch, das man zur Seite legt, um dann sofort ein neues anzulesen. Dazu hallt der Überlebenskampf von Louise und Ludovic zu sehr im Leser nach.“ Dies war im Juli 2017 und trifft heute noch zu.
9. Jetzt wird geschummelt! Um auch mal eine Graphic Novel in die Listen einzubringen, möchte ich Nicola Scott erwähnen. Die Australierin ist zwar „nur“ eine Zeichnerin, aber an einigen sehr guten Werken beteiligt. Und sie ist, meiner bescheidenen Meinung nach, eine der ganz Großen unter den Comiczeichnern. Dies hat sie zuletzt in der Comicreihe „Black Magick“ eindrucksvoll unter Beweis gestellt. In der Serie geht es um Rowan Black, eine Hexe und gleichzeitig Detective beim Raub- und Morddezernat. Der erste Band der Reihe, aus der Feder von Greg Rucka, hat mich schon allein wegen der Story begeistert, aber die Zeichnungen von Nicola Scott sind die Krönung. Bis auf wenige „magische“ Ausnahmen, komplett in schwarz/weiß gehalten, verleiht Scott der Geschichte eine tolle, düstere „noir“-Stimmung.
10. Zum Abschluss möchte ich noch ein Sachbuch erwähnen, das von einer Frau geschrieben wurde, die ich aufrichtig bewundere – Souad Mekhennet. Die Investigativjournalistin hat sich mit ihrem Buch „Nur wenn du allein kommst“ den Themen Islam, Terrorismus und den Glaubenskriegen unseres Zeitalters gewidmet – und dabei mehrfach ihr Leben riskiert. Sie interviewte den Anführer einer Dschihadistengruppe im Libanon oder nachts, ganz allein, ohne Handy und Verbindung zur Außenwelt, einen IS-Kommandeur und deckte auch die wahre Identität von dem berüchtigten Jihadi John auf. Mit ihrem Buch hat Souad Mekhennet mich wirklich beeindruckt. In einem flüssigen Stil, mitunter spannend wie ein Thriller und auch nicht ohne Witz, erzählt sie von ihrer Recherchearbeit. Dabei immer mit dem Versuch, zu verstehen und Brücken zu bauen zwischen der westlichen und der arabischen Welt, ihren unterschiedlichen Religionen und Kulturen. Eine Leseempfehlung nicht nur für politisch Interessierte.
Text: Sara Wojkowski