Rezension zu dem Thriller „Waiseninsel“ von Max Seeck

Anmerkung: Der Roman „Waiseninsel“ ist der 4. Band der Jessica Niemi-Reihe von Max Seeck.

Um was geht es in dem Buch „Waiseninsel“?

Jessica Niemis psychische Gesundheit ist seit dem Fall Zetterborg deutlich angeschlagen. Als es nach einem Besuch bei einer Psychiaterin zu einer Auseinandersetzung mit einem Hausmeister kommt und die Kommissarin handgreiflich wird, muss ihre Chefin Helena Lappi die Reißleine ziehen. Jessica wird nach Åland geschickt, wo sie sich erholen und abwarten soll, bis Gras über den Vorfall gewachsen ist. Doch auch hier macht das Verbrechen nicht halt. Jessica wird mit dem rätselhaften Verschwinden von Kindern konfrontiert, die auf der Insel ein Kinderheim bewohnen. Was zunächst nach einem gewöhnlichen Vermisstenfall aussieht, entpuppt sich schnell als komplexes Netz aus Intrigen und finsteren Machenschaften. Mit der Ruhe ist es fortan vorbei, da ihr Spürsinn geweckt wurde und sie beginnt, auf Åland zu ermitteln.

Kritik zu dem Thriller von Max Seeck:

Mit „Waiseninsel“ legt der derzeit erfolgreichste finnische Thrillerautor Max Seeck den vierten Band um seine Ermittlerin Jessica Niemi vor, wobei es ihm meisterhaft gelingt, eine beklemmende Atmosphäre zu schaffen, die den Leser von Anfang an in den Bann zieht. Die düstere Inselkulisse wird lebendig, und die Beschreibungen der Schauplätze erzeugen eine unheimliche Stimmung, die perfekt zur Handlung passt. Die Charaktere sind akribisch ausgearbeitet, und insbesondere Jessica Niemi wird als starke, aber auch zerrissene Persönlichkeit präsentiert, die mit ihren eigenen inneren Dämonen zu kämpfen hat.

Die Kinder, die im Zentrum des Verschwindens stehen, werden ebenfalls sorgfältig charakterisiert. Jedes von ihnen trägt Traumata und Geheimnisse, die nach und nach enthüllt werden. Durch diese Charaktertiefe werden die Leser emotional in die Geschichte gezogen, und ihre Schicksale werden zu einem wichtigen Element der Erzählung.

Die Erzählstruktur in „Waiseninsel“ ist durchdacht gewählt, wobei Max Seeck geschickt zwischen verschiedenen Perspektiven wechselt, um die Spannung aufrechtzuerhalten und gleichzeitig Einblicke in die Gedankenwelt der Charaktere zu gewähren. Dabei gefallen insbesondere die Ausflüge ins Jahr 1946, in dem Ereignisse aus der Vergangenheit des Waisenhauses erzählt werden. Jede Wendung und Enthüllung fügt dem Gesamtbild ein neues Puzzlestück hinzu und treibt den Plot voran, die sich gleichbleibend spannend liest.

Besonders beeindruckend ist die Fähigkeit, psychologische Elemente in die Geschichte einzuflechten. Die Frage nach der menschlichen Natur und den Abgründen der Seele steht im Mittelpunkt des Buches und verleiht der Handlung eine zusätzliche Ebene. Die Spannungskurve erreicht im Verlauf des Romans ihren Höhepunkt und wird bis zum überraschenden Finale aufrechterhalten.

Der Showdown von „Waiseninsel“ von Max Seeck ist zwar logisch und gut, man kann sich aber trotzdem nicht des Eindrucks erwählen, dass der Schriftsteller hier auf standardisierte Elemente aus dem Thrillerbaukasten zurückgreift, in dem der Täter seinem potenziell nächsten Opfer gegenüber erstmal die Hintergründe der Tat schildert. Das mindert zwar nicht die Qualität des Romans, ist aber recht platt und abgedroschen. Bei all der psychologischen Mühe, die sich der Autor zuvor gegeben hat, hätte er hier etwas kreativer sein können und müssen.

Mein Fazit:

Trotzdem ist der Roman ein spannender Thriller, der durch eine fesselnde Handlung, gut ausgearbeitete Charaktere und eine geschickte Verbindung von Spannung und Psychologie besticht. Fans nordischer Krimis sind mit diesem gut bedient. Wenn sich der Autor denn noch beim Finale etwas mehr Mühe gibt, könnte der fünfte Band sogar herausragend werden.

„Waiseninsel“ von Max Seeck kaufen: