Um was geht es in „Der Gesang der Flusskrebse“ von Delia Owens?
1952 verlässt Kyas Mutter ihren Mann und die fünf Kinder. Der Grund ist der jähzornige, nichtsnutzige Vater, dessen Hand nur allzu schnell ausrutscht und der mehr am Fusel als an der Familie interessiert ist. Nach und nach verlassen auch die Geschwister das armselige Heim, bis nur noch die gerade einmal sechsjährige Catherine, genannt Kya, zurückbleibt. In der Schule bleibt sie nach einem demütigenden Erlebnis nur einen einzigen Tag. Kya will lieber im Marschland sein, im Einklang mit der Natur leben, ihrem Vater, der sie später auch verlässt, ausweichen und davon träumen, dass die Mutter zurückkommt.
Doch das geschieht nicht, und Kya bleibt im Sumpf, wird für die Bevölkerung der kleinen Küstenstadt zur seltsamen Einsiedlerin. Als 1969 der von vielen geschätzte Chase Andrews tot im Sumpf aufgefunden wird, brodelt die Gerüchteküche: War es ein Unfall, oder war es ein Mord? Hat Kya etwas damit zu tun?
Kritik zu dem Roman „Der Gesang der Flusskrebse“:
Delia Owens, eigentlich Zoologin, legt mit „Der Gesang der Flusskrebse“ ein beachtliches Debüt vor. Auch wenn es ihre Profession und der Buchtitel nahelegen, beschäftigt sich die Autorin weniger mit der Tierwelt, sondern vor allem mit ihrer beeindruckenden Protagonistin. In Zeitsprüngen erklärt sie, wie aus der kleinen Kya eine äußerst ungewöhnliche, intelligente Frau wird, in welcher Beziehung sie zu dem Toten im Sumpf steht und welche Ereignisse letztendlich zu dessen Tod führten.
Mit ihrer bildreichen Sprache zeichnet sie dabei schon fast ein Gemälde vom Marschland und seinen tierischen und menschlichen Bewohnern. „Der Gesang der Flusskrebse“ ist nur vordergründig ein Kriminalroman, zeigt aber einmal mehr, dass gute, literarische Sprache unabhängig ist von einem Genre – und dabei sehr gut unterhalten kann.
Das liegt nicht nur an der gut konstruierten Geschichte, bei der zunächst nicht klar ist, ob Chase Andrews einem Mord zum Opfer fiel oder ob er schlicht verunglückt ist. Es ist vor allem die Figur Kya, die „Der Gesang der Flusskrebse“ zu einem Lesevergnügen macht. In ihrer prosaischen Sprache beschreibt Delia Owens eine von Armut geprägte Kindheit, die dennoch voller Reichtum ist: Kya ist frei, lebt in der Natur und führt ein Leben ohne Verpflichtungen außer der, ihrem Vater möglichst nicht aufzufallen und gleichzeitig halbwegs für ihn zu sorgen. Sie bildet einen scharfen Kontrast zu den anderen Bewohnern der Stadt, deren Leben in geordneten Bahnen verläuft – bis sich zwei dieser Leben mit dem Kyas kreuzen.
„Der Gesang der Flusskrebse“ ist ein Buch vom Erwachsenwerden, aber auch ein Familiendrama und ein klein wenig Kriminalroman, da die Hintergründe des Todes von Chase Andrews erst nach und nach enthüllt werden. Letzten Endes erzählt der Roman, der für Kya in einem Mordprozess gipfelt, auch von vielfältigen Formen von Liebe. Und präsentiert einen, zumindest von mir, unerwarteten Twist am Schluss.
Mein Fazit zu dem Buch von Delia Owens:
Was kann man von einem Roman noch verlangen, zumal von einem Erstling einer Autorin, die bis dato nichts außer Sachbücher über Tiere geschrieben hatte? „Der Gesang der Flusskrebse“ weiß sehr gut zu unterhalten, auch wenn nicht alles perfekt ist. Etwas zu perfekt wirkt stellenweise die Protagonistin. Einen halben Stern Abzug gibt es für eben dieses manchmal etwas arg dick aufgetragene Bild, mit dem Delia Owens Kya in ihrer Armut und Einfachheit beinah überhöht darstellt. Doch davon abgesehen mag man diese Geschichte einfach nur genießen, ob man das Buch nun als Krimi liest oder als Belletristik in seiner ursprünglichen, wörtlichen Bedeutung.
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Ich schreibe eigentlich hier keine Rezensionen zu Büchern, aber: Es hat mich nicht nur gefesselt, es gehörte seit langem mal wieder, zu den für mich sehr seltenen Büchern, bei denen ich extra langsam lese weil ich immer wieder auf so wunderschöne Sätze stoße über die ich nachdenken und die ich noch ein 2. oder 3. Mal lesen muss. Und ich las es langsam, damit ich nichts verpasse und der Genuss länger anhält. Sonst gehöre ich eher zur Spezies „Bücherverschlinger“.
Für mich eines der besten Bücher die ich seit längerem gelesen habe, ich zehre immer noch davon und denke darüber nach.
Kann mich all den vorausgegangen Kommentaren anschließen. Was ich vermisse ist, dass die Autorin in der Beschreibung der Gefühlswelt der Protagonisten keinerlei Bezug auf den begangenen Mord eingeht. Hat Kya im Gefängnis und im Gerichtsprozesse alles zu der von ihr begangenen Tat ausgeblendet? Schwer vorstellbar, doch die Autorin hat sich bis zum Schluss das unweigerliche Ergebnis der Geschichte von Kya aufbewahrt.
Hallo,
ich fand das Ende sehr unwahrscheinlich, wenn auch nicht unerwartet. Zur Erläuterung muss ich aber spoilern, ist das hier erlaubt? Also Achtung!
Nicht weiterlesen, wer das Buch noch nicht kennt und es noch lesen möchte.
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Okay, sie hat den Mord also doch begangen, obwohl sie sich ja während der ganzen Verhandlung und in Untersuchungshaft völlig ungerecht behandelt fühlte. Das wirkt nun rückwirkend völlig unschlüssig. Und von ihrem ganzen Wesen her völlig unglaubwürdig und unwahrscheinlich. Das heißt ja, sie hatte vor der Reise alles geplant (wohlgemerkt: Sie hatte ihren Ort noch nie zuvor verlassen, noch nie in einem Bus gesessen, noch nie in einem Hotel übernachtet…..). Dann soll sie das alles geplant haben? Die verfrühte Rückreise im Bus in der Nacht mit einer Verkleidung, die sie mitgenommen haben muss? Die schnelle Fahrt mit dem Boot, das Treffen mit Chase (wann und wie hatte sie das denn verabredet) und dann lässt er, ein kräftiger junger Mann, sich von einer zierlichen Person einfach von einem Turm schubsen? Sie bleibt cool, nimmt dem Toten die Muschelkette ab und verwischt ihre Spuren? Also sorry, das war wirklich zu dick aufgetragen. Ein kaltblütig geplanter Mord passt so überhaupt nicht zu der Beschreibung dieses zurückhaltenden, schüchternen Marschmädchens. Wie seht Ihr das??
Die Kommentare von Marie Goy und Astrid Spinnarke finde ich zutreffend. Manche Dinge ( siehe oben) sind sehr unwahrscheinlich.Meiner Meinung nach erhält der Roman letztlich eine zu gute Beurteilung.
Ein Märchenbuch für Erwachsene – wenn man/frau sich darauf einlässt. Wenn der LeserIN jedoch anspruchsvolle Literatur erwartet, wird dieser enttäuscht. Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass ein 6-jähriges Kind – allein auf sich gestellt – in der Wildnis überleben kann, ohne Schul- und Hochschulausbildung sogar wissenschaftliche Bücher veröffentlicht, Einstein liest und sich mit anderen wissenschaftlichen Themen befasst und sogar eine Ehrendoktorwürde angeboten bekommt. Die Autorin hat m.E. von der Entwicklung eines Kindes eine romantische Vorstellung. Mich hat die Geschichte nur verärgert.
Stimme der Kritik oben voll zu. Eher zu „dick“ aufgetragen ist diese etwas flache Darstellung der „schönen Wilden“, die sich alleine durchschlägt und dabei so hoch gebildet ist und sogar Bücher veröffentlicht, was ganz plötzlich über sie herein bricht. Auch die Geschichte mit dem Bruder, der auf einmal wie aus dem Nichts wieder auftaucht, grad ein bisschen Vietnam-Krieg hinter sich …. uff. Alles in allem seichte Unterhaltung, wenn auch besonders zu Beginn ganz unterhaltsam.